Ahoj Praha! Exkursionsbericht L1a - Prag und Oberpfalz 2019

Palastgärten am Prager Burgberg
Dieses Jahr hatten sich die Studierenden der L1A der Meister- und Technikerschule Veitshöchheim, Fachrichtung Garten- und Landschaftsbau, Prag, Tschechien und die Oberpfalz als Ziele ihrer großen Fachexkursion ausgesucht. In bewährter Weise haben die Studierenden diese auch selbst organisiert. Unsere Stationen im Einzelnen:

Granitwerke Baumann, Flossenbürg

Das Granitwerk mit seinen rund 25 Mitarbeitern kann auf eine mehr als hundertjährige Tradition in der Gewinnung und Verarbeitung von Granit zurückblicken. In insgesamt vier Steinbrüchen werden jährlich 13.000 t „Flossenbürger Granit“ gewonnen und in dem modernen Werk zu 25.000 m² Fertigware weiterverarbeitet. Der „Flossenbürger Granit“ besitzt einen warmen gelbgrauen Farbton und bietet so dem Garten- und Landschaftsbau eine Vielzahl an Gestaltungsmöglichkeiten, welche in dem erst 2014 eröffneten, „Flossenbürger Granitwelten“ genannten Musterpark im Eingangsbereich eindrucksvoll vor Augen geführt werden. Auf Wunsch werden die Produkte individuell angepasst.
Nach einer Führung durch die Werkhallen ging es in einen Steinbruch, wo wir sehen konnten, wie Bohrlöcher für die Sprengung vorbereitet, 10 - 15 Tonnen schwere Granitblöcke gebrochen und mit einem großen Radlader zu Tal befördert werden.

KZ Flossenbürg

Die Granitvorkommen waren Anlass für ein unrühmliches Kapitel der Geschichte des Oberpfälzer Waldes, an das man jahrzehntelang nicht erinnern wollte: die SS errichtete 1938 in Flossenbürg ein Konzentrationslager, denn für das Reichsparteitagsgelände in Nürnberg und die von Adolf Hitler und Albert Speer in Berlin ab 1937 geplanten gigantischen Bauten der „Reichshauptstadt Germania“ wurden Unmengen Naturstein gebraucht.
Unter unmenschlichen Bedingungen mussten die insgesamt 100.000 Häftlinge zunächst miserabel ausgerüstet Granit abbauen und verarbeiten, dann ab 1943 für Messerschmitt Flugzeugteile montieren, mindestens 30.000 starben dabei.
Die Führung war für uns alle ein bedrückendes Erlebnis. Um davon Abstand zu gewinnen, bot es sich an, zur Burgruine aufzusteigen, die um 1100 entstand. Sie erhebt sich eindrucksvoll auf einem blanken Granitfelsen, der wegen seiner dort markant sichtbaren zwiebelschalenartigen Lagerung des Granits als eines der schönsten Geotope Bayerns ausgezeichnet worden ist.

Große Stadtführung Prag

Wir wollten einerseits die Prager Altstadt kennenlernen, ein Schmelztiegel böhmischer, deutscher und jüdischer Kultur, weitgehend erhalten und deshalb auch UNESCO-Welterbe, andererseits die Prager Gärten auf dem Weg erkunden.
Die Burg im historischen Zentrum von Prag, heute Sitz des tschechischen Staatspräsidenten, war Schauplatz des Prager Fenstersturzes, der 1618 den 30-jährigen Krieg einläutete. Rund um die Burg kann man durch zahlreiche Gartenanlagen schlendern, wie den Königsgarten, den Paradiesgarten und den Wallgarten.
Wir liefen durch den Wallensteingarten, den ersten Palastgarten in Prag. Der streng geometrische Garten (1,7 ha) entstand im Frühbarock (1623 - 30). Für den Palastkomplex mit Garten ließ Albrecht von Waldstein (= Wallenstein), der Heerführer von Kaiser Ferdinand II., mehr als 25 Gebäude abreißen. Einen Teil des Gartens nimmt ein künstlicher Teich mit einer Insel ein, der früher für Schiffchenfahrten diente. Bronzefiguren mit antiken Helden von Adriaen de Vries säumen den Weg zum „Sala terrena“, dem für den Barock typischen Gartensaal. Daneben befindet sich eine künstliche Tropfsteinhöhle (Grotte) mit Stalaktiten aus Kalkstuck und einer Voliere.

Prager Palastgärten

Die eindrucksvollsten Gärten Prags befinden sich auf der Kleinseite an Barockpalästen. Einige sind nicht zugänglich, da in den Palästen Botschaften residieren, wie z. B. der hermetisch mit einer hohen Mauer abgeriegelte Schönborn-Garten der US-Botschaft.
Am Prager Burgberg liegen am Südhang fünf mittlerweile verbundene Palastgärten aus der Renaissance, die nach der Zerstörung im 30-jährigen Krieg im 17. Jahrhundert im Stile des italienischen Barock überformt wurden. Sie ziehen sich terrassenartig den Hang hoch, sind mediterran bepflanzt und bieten von oben herrliche Ausblicke. Beeindruckend ist die reiche Ausstattung mit Prunktreppen sowie Balustraden mit Putten und Vasen. Seit den 1990er Jahren wurden sie von der Nationalen Denkmalbehörde behutsam restauriert. Die beiden linken, der Ledebur- und der Kleine Palffy-Garten, waren leider gerade im Umbau begriffen und deshalb nicht zugänglich.
Man betritt die Gartenanlage von unten durch ein Haus, dann öffnet sich ein herrlicher Blick auf die bis zu 10 Terrassen, die über eine teils überdachte Prachttreppe des 1784-1788 im Rokoko-Stil von Ignaz Palliardi ausgebauten „Kleinen Fürstenberg-Gartens“ erschlossen sind. Durch eine „Gloriette“, ein für Barock- und Rokokogärten typischer Baldachin an erhöhter Stelle mit Deckenfresko, gelangt man zu einer Orangerie, dann weiter zu einer Aussichtsterrasse mit Loggia und ganz oben rechts zu einem turmgekrönten Aussichtspunkt.
Über die obere Terrassenebene erreicht man den „Großen Palffy-Garten“, der 1752 im italienischen Barockstil gestaltet wurde. Er verfügt auf der zweiten Ebene über eine Art „Parterre“ mit Zierbrunnen in der Mitte, außerdem über eine Prachttreppe. Der dazwischen liegende schmale Kolowrat-Garten ist als Obstgarten mit Feigen, Aprikosen und Pfirsichen angelegt, wofür sich der Südhang anbot.

Vrtba-Garten

Der Höhepunkt unter den Prager Palastgärten ist der auf dem gegenüberliegenden Hang befindliche Vrtba-Garten (auf Tschechisch Vrtbovska Zahrada). Man betritt ihn durch einen unscheinbaren Hauseingang und schon öffnet sich ein prachtvoller Barockgarten mit vier Terrassen auf engstem Raum! Er wurde 1720 von František Kaňka entworfen. Nachdem er im Kommunismus als Kindergarten genutzt wurde, hat man ihn 1990-1998 aufwändig für knapp 2 Mio. € restauriert. Er besticht durch fein ziselierte und mit Veilchen ergänzte Buchsornamente im Parterre und der zweiten Ebene. Im Parterre befindet sich noch eine Voliere und ein Sala terrena mit Fresken aus der griechischen Mythologie. Über Prachttreppen gelangt der Besucher nach oben; die Balustrade der dritten Ebene ist mit Skulpturen antiker Götter ausstaffiert. Oben am Aussichtspunkt bietet sich ein herrlicher Ausblick auf die Stadt. Wahrlich ein Meisterwerk barocker Gartenkunst!

Dendrologischer Garten Pruhonice

Am Mittwoch besuchten wir vormittags den Dendrologischen Garten in Pruhonice, eine der bedeutendsten Gehölzsammlungen Europas. Auf einer Fläche von 73 ha sind mehr als 7.000 Pflanzenarten zu sehen! Gegründet wurde der Garten in seinen wesentlichen Teilen 1975, er ist somit noch relativ jung. Der Garten gehört zum Silva Tarouca Forschungsinstitut für Landschafts- und Gartenbau (www.vukoz.cz), eine Versuchsanstalt ähnlich der LWG, aber ohne Schule und ohne Wein!
Geführt wurden wir vom Adam Baroš, der für Stauden zuständig ist und uns gleich seine Versuchsflächen zu Staudenmischpflanzungen zeigte. 2007 hat er begonnen, deutsche Staudenmischungen wie „Silbersommer“ in Versuchsparzellen aufzupflanzen. Später haben seine Frau und er daraus eigene Staudenmischungen entwickelt und testen diese seit einigen Jahren.
Der Park ist landschaftlich anmutig gestaltet. Immer wieder gelangt man in neue Bereiche, in welchen man mit unterschiedlicher Farbe und Form der Gehölze und der Blätter eine vielseitige Kulisse geschaffen hat. Besondere Schwerpunkte der Sammlung sind Koniferen, Rosen, Flieder, Spiersträucher und Kletterpflanzen, aber auch viele Staudenarten sind zu sehen. Besonders eindrucksvoll waren die gerade in voller Blüte stehenden Rhododendren und Azaleen (ca. 700 Arten, zum Teil tschechische Züchtungen). 15 Gärtner halten die gut gepflegte Anlage in Schuss.
Zur besonderen Aufgabe haben sich die Betreiber des Gartens auch gemacht, die Menschen wieder für die Pflanzen zu sensibilisieren und den Leuten zu zeigen, wie wichtig die Pflanzen für uns sind. So wurde speziell für Schulklassen ein extra Programm erschaffen.

Botanischer Garten Pruhonice

Nach dem Mittagessen besuchten wir den botanischen Garten in Pruhonice. Das Hauptaugenmerk der oberhalb des Schlossparks befindlichen Anlage sind die vier Pflanzengattungen Iris, Hemerocallis, Rosa und Paeonia. Auf verschiedenen Feldern wurden alle möglichen Sorten ausgestellt. Vor allem ein großes Feld mit Iris barbata-elatior-Sorten faszinierte, da es in voller Blüte stand. Auch gab es verschiedenste Beet-, Strauch- und Kletterrosen zu bewundern.
Merkwürdig: obwohl in unmittelbarer Nachbarschaft gelegen, hat der Botanische Garten nichts mit dem Dendrologischen Garten zu tun. Er wird vom tschechischen Institut für Botanik verwaltet (www.ibot.cas.cz).

Schlosspark Pruhonice

Er entstand ab 1885 als das Lebenswerk des 1936 verstorbenen Grafen Ernst Silva-Tarouca, in Zusammenarbeit mit dem deutschen Botaniker und Gartengestalter Camillo Schneider. Die Anlage im Stil eines klassischen Englischen Landschaftsgartens bezieht Teile des Tals des Flusses Botič mit ein und ist mit mehreren Teichen und typischen Kleinarchitekturen angereichert. Der gesamte Park umfasst eine Fläche von 250 Hektar, durchzogen von einem fast 40 Kilometer langen Fußwegenetz, mit rund 8.000 Gehölzen in 1.500 Arten und Sorten. Die Anlage zählt seit 2010 zum UNESCO Weltkulturerbe (zusammen mit Prag).

Bobcat-Werk in Dobříš

Am Donnerstag besuchten wir das erst 2007 errichtete Bobcat-Werk in Dobříš, 30 km südlich von Prag. Hier werden mit etwa 250 Mitarbeitern annähernd 90 % der Baumaschinen von Bobcat, Kompaktlader und Bagger, für den europäischen Markt produziert. Nur die Teleskoplader werden in Frankreich gefertigt. Frank Simon (District Manager Germany) gab uns erst einmal einen geschichtlichen Überblick über die Marke. 1958 in Minnesota zum Ausmisten von Putenställen entwickelt, erhielten die Kompaktlader 1960 die Bobcat-typische Panzerlenkung (unterschiedliche Laufgeschwindigkeit der linken und rechten Räder). Der Markenname Bobcat (= Rotluchs) entstand 1962. Seit 1986 sind auch Kompaktbagger im Sortiment. 2007 kaufte der südkoreanische Baumaschinenhersteller Doosan die Firma. 2014 lief der einmillionste Bobcat-Kompaktlader vom Band. Heute punktet Bobcat vor allem durch eine riesige Anzahl verschiedener Anbaugeräte, was den Bobcat vor allem für kleine Gärten interessant macht.
Nachdem wir die nötige Sicherheitsausrüstung erhalten hatten (Stahlkappen-Überschuhe, Schutzbrille und Warnweste), begann die Führung durch das Produktionswerk. Wir begannen beim Zuschnitt von rohen Stahlplatten und dem Biegen von Einzelteilen. Danach werden Karosserien und Fahrwerke zusammengeschweißt. Bereits hier konnte man erste Eindrücke gewinnen, wie die fertige Maschine denn aussehen sollte. Nach der Lackierabteilung, dem Einbau von kleineren Einzelteilen und der Montage des Fahrwerkes wurden wir über wichtige Details der Fahrwerksmechanik aufgeklärt. Nun beginnt die Endmontage der Maschinen. Hier werden im Jahr 15.000 Bagger oder Lader fertiggestellt.

Betonwerk Godelmann in Fensterbach

Auf dem Rückweg besichtigten wir noch das Betonwerk Godelmann in Fensterbach (Lkr. Schwandorf). 1947 gegründet, hat es mittlerweile 400 Mitarbeiter, davon 320 am Produktionsstandort Fensterbach. Just am Tag unseres Besuchs wurden zwei neue Fertigungslinien für Betonsteine von Staatsminister Füracker und zahlreicher Prominenz eingeweiht. Damit ist Godelmann nach eigenen Angaben die weltweit größte Produktionsstätte für Betonsteinprodukte, täglich laufen etwa 20.000 m²(!) Pflaster und Platten vom Band.
Bei der Führung konnten wir die Produktion von Betonsteinen und -platten in allen seinen Facetten kennenlernen, z.B. die Oberflächenveredelung mit verschiedenen Natursteinmaterialen oder auch die Herstellung kugelgestrahlter Oberflächen. In der Manufaktur werden alle Arten von Maßanfertigungen erledigt, bis hin zu Stelen in Cortenstahl-Optik, Ergebnis von Versuchen im „Stein-Labor“.
Im 5.000 m² großen Musterpark kann man dann die fertigen Produkte in großer Vielfalt eingebaut sehen, schließlich bezeichnet sich Godelmann selbst als „Die Stein-Erfinder“. Für die einem Holzbrett nachempfundene MASSIMO Diele gab es 2014 den Designerpreis Red Dot Award und 2016 den German Design Award Gold. Mit dem Scada Rasenornament gewannen sie 2019 wiederum den Red Dot Award.
Auf Umweltschutz legt Godelmann größten Wert; die Produktion ist CO2-neutral, vom TÜV zertifiziert; alte Betonsteine werden zurückgenommen und recycled, Photovoltaik-Anlagen auf den Hallendächern produzieren Strom. Mit der versickerungsfähigen Produktlinie ECOSAVE protect werden Schadstoffeinträge ins Grundwasser reduziert. Alles in Allem ein beeindruckender Besuch bei einem sehr innovativen Unternehmen.
Autoren
Martin Degenbeck, Sarah Kohler, Maximilian Schneider, Tobias Geiger, Christian Benz, Tobias Buß, Mohammed Neft, Louis Adler, Elisabeth Kehm, Jürgen Gutmann, Philipp Hofmann, Maximilian Relard
Bilder
Martin Degenbeck, LWG